Zwei Sachverständige auf einer Baustelle begutachten das Mauerwerk
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Sachverständige im Handwerk fungieren als neutrale und unabhängige Experten und erstellen Gutachten, die unter anderem Grundlage für Gerichtsentscheidungen sind.

Mit Sachverstand und Fachwissen für das Handwerk

Weisungsfrei, unabhängig und sorgfältig – nach diesen Grundprinzipien erstellen Sachverständige Gutachten für Gerichtsverfahren oder im Auftrag von Verbrauchern und Unternehmen. Auch im Handwerk sind sie mit ihrer Expertise gefragt. Die öffentliche Bestellung und Vereidigung von Sachverständigen gehört zu den hoheitlichen Aufgaben der Handwerkskammer für Unterfranken. Sie nimmt jederzeit Bewerbungen potentieller neuer Sachverständiger entgegen. "Die Tätigkeit als Sachverständiger ist eine der verantwortungsvollsten Tätigkeiten eines Handwerkers", erklärt Wolfgang Bauer, stellvertretender Leiter des Geschäftsbereiches Recht und Organisation der Handwerkskammer für Unterfranken, unter dessen Dach das Sachverständigenwesen der Kammer organisiert ist.

Entsprechend hoch seien deshalb die Anforderungen an Bewerberinnen und Bewerber: Wer Sachverständiger werden möchte, muss sich sowohl persönlich dafür eignen als auch überdurchschnittliches Fachwissen nachweisen. Für Letzteres ist eine so genannte Sachkundeprüfung die Grundlage, die in der Regel beim Fachverband des jeweiligen Gewerks abgelegt wird. "Die Hürden sind bewusst hoch gesetzt, denn die Gutachten der öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen können, etwa bei gerichtlichen Auseinandersetzungen, das berühmte Zünglein an der Waage sein, das einen Prozess in die eine oder andere Richtung kippen lassen kann", erläutert Wolfgang Bauer.

Blick in die Praxis

Immer gründlich und gewissenhaft müssten Sachverstände an einen Auftrag herangehen, bestätigt auch Martin Schauer, der seit 2006 als öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger im Elektrotechnikerhandwerk tätig ist. Er wird als Fachmann unter anderem angefragt, wenn es um Streitigkeiten über die Funktionsfähigkeit oder Sicherheit von Elektroanlagen geht. "Ich darf keine Plattform bieten, die mir eine Befangenheit unterstellen könnte", erklärt er. Bei seiner Tätigkeit als Sachverständiger komme es auch darauf an, technisch komplexe Sachverhalte so zu formulieren, dass sie für Außenstehende verständlich sind. "Das ist einerseits eine Herausforderung, es bereitet mir aber auch viel Freude, mich tief in das jeweilige Thema einzuarbeiten und es bis ins Detail zu erfassen", erläutert Martin Schauer. Der Elektromeister ist als öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger nahezu das gesamte Jahr über sowohl für Gerichte, private Auftraggeber und auch Versicherungen im Einsatz. Grundsätzlich sei der Zeitaufwand, den man in die Tätigkeit als Sachverständiger investieren kann, variabel, unterstreicht Wolfgang Bauer. "Von wenigen Gutachten im Jahr bis hin zu regelmäßigen Aufträgen", reiche die Spannbreite bei jenen Sachverständigen, die durch die Handwerkskammer für Unterfranken öffentlich bestellt und vereidigt sind.

Neutrale Expertinnen und Experten gesucht!

Auch im Bereich der Sachverständigen im Handwerk wird Nachwuchs dringend gesucht. Wer sich bewerben kann, welche Voraussetzungen wichtig sind und wie der Weg bis zur Vereidigung aussieht, erläutert Wolfgang Bauer, stv. Leiter des Geschäftsbereichs Recht und Organisation der Handwerkskammer für Unterfranken, im Kurzinterview.

Herr Bauer, wer kann sich grundsätzlich als Sachverständiger bei der Handwerkskammer bewerben?

Bewerben kann sich, wer entweder selbst Inhaber bzw. Inhaberin eines Handwerksbetriebes ist oder in einem Handwerksbetrieb angestellt ist. Eine der wichtigsten Voraussetzungen ist dabei eine ausreichende Lebenserfahrung sowie eine Berufserfahrung von mindestens fünf Jahren. Neben weiteren Voraussetzungen muss der Bewerber auch in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen leben und darf keine einschlägigen Vorstrafen im Bundeszentralregister haben. Im Rahmen der fachlichen Voraussetzungen ist das Vorliegen der besonderen Sachkunde im dem jeweiligen Gewerk nachzuweisen.

Wie sieht die Tätigkeit als Sachverständiger konkret aus?

Dies hängt vom jeweiligen Kundenauftrag ab. Da ist von einer kurzen (telefonischen) Auskunft bis hin zu umfangreichen Gerichtsgutachten sicherlich alles dabei. Das nach der Handwerksordnung gesetzlich vorgegebene Aufgabengebiet umfasst die „Erstattung von Gutachten zu Leistungen und Tätigkeiten des Handwerks und deren Wert“. Nach unserer Erfahrung stellt vor allem die Begutachtung von mutmaßlichen Mängeln einer handwerklichen Leistung die überwiegende Zahl der Aufträge der öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen dar.

Warum braucht das Handwerk Sachverständige?

Ein Sachverständigengutachten ist zunächst ein wichtiges Beweismittel im Rahmen von Gerichtsprozessen. Hier können die Gerichte in einer Vielzahl von Fällen nur dann entscheiden, wenn sie auf Sachverständige zurückgreifen, um technische Fragestellungen als Grundlage ihrer Entscheidung klären zu lassen. Aufgrund der öffentlichen Bestellung und Vereidigung bieten die Sachverständigen Gewähr für die Erstellung von neutralen Gutachten ohne Rücksicht auf den Auftraggeber. Wegen der zunehmenden Komplexität der Handwerksleistungen werden die Gutachten von öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen immer wichtiger für die Gerichte, um korrekte Urteile fällen zu können. Aber auch außerhalb von Gerichtsprozessen sind Sachverständige bereits im Vorfeld tätig, um bei Unstimmigkeiten, beispielsweise über das Vorliegen von Mängeln, für Klarheit zu sorgen. Aus diesem Grund sind wir als Handwerkskammer für Unterfranken ständig auf der Suche nach geeigneten Bewerbern und freuen uns über deren Kontaktaufnahme.

Bauer Wolfgang

Wolfgang Bauer, stv. Geschäftsbereichleiter Recht und Organisation, Handwerkskammer für Unterfranken

Sachverständige/r werden

Durch die Handwerkskammer für Unterfranken sind aktuell 81 Sachverständige aus 34 Gewerken öffentlich bestellt und vereidigt. Rechtliche Grundlage des Sachverständigenwesens ist die Sachverständigenordnung, die unter anderem Voraussetzungen und den Ablauf der Bestellung regelt. Wer Sachverständiger bzw. Sachverständige werden möchte, kann sich wenden an: 

Ass. jur. Wolfgang Bauer

stv. Leiter des Geschäftsbereichs Recht und Organisation

Tel. 0931 30908-1174

Fax 0931 30908-1674

w.bauer--at--hwk-ufr.de

Sven Palmy

Tel. 0931 30908-1230

Fax 0931 30908-1730

s.palmy--at--hwk-ufr.de